Chronik der Gebirgsschützen Garmisch 1809 - 1919
Werdenfelser Schützen in Baiern
Aus dem Jahre 1831 liegt ein Schreiben vom Landgericht Werdenfels an die königliche Regierung vor, die über eine Musterung der Gebirgsschützen in Werdenfels berichtet.
Garmisch am 11. März 1831
Bericht des b. Landgerichts Werdenfels
betreff
Die Reorganisation des Gebirgs-
Schützenwesens im oberbayrischen
Gebirgslande
Königliche Regierung
von Oberbayern
Kammer des Inneren
Hoher Entschließung vom 14. präs. 15. vorigen Monats zu Folge, wird gehorsamt berichtet, dass man in Berücksichtigung der Werdenfels’schen Verhältnisse sich besorgend dahin äußern dürfen glaubte, dass durch Errichtung von Gebirgsschützen-Compagnien und Gestattung des Eintrittes von ledigen Individuen in denselben die ohnedies übergrosse Schießlust der jungen Leute noch ärger gemacht und somit die jetzt größtenteils nur diese jüngere Bevölkerung in den K. (königlichen) Leibgehegen und Revierjagden, - wenn jene bewaffnet – geübt wird – nur noch stärker bedroht erscheinen und in kurzer Zeit ganz zu Grunde gerichtet sein dürften und an diese (königl.) Jagden bisher nur durch strenge polizeiliche Vorkehrung und durch den möglichst beschränkten Besitzt von Gewehren gegen beständige Angriffe geschützt werden können. Es steht im Interesse des allerhöchsten Jagd-Areas !
Wie weit die Verarmung des Gerichtsbezirkes der Bildung dieser Compagnien entgegentritt, indem nur die wenigsten die zur Anschaffung von Uniformen und Waffen erforderlichen Mittel besitzen, welch weiteren Einfluß sie bei dem Umstande der Errichtung von Schießstätten an Wirtshäusern auf die Theilnahme äussern kann wie die Sortierung gut beleumundeter lediger Burschen von den übelbeleumundeten durchzuführen sei und welche Folgen eine solche Sortierung oder Partheiung hervorrufen wird, ob die Waffen in den Händen derjenigen auch sicher seien welche durch verschiedene Art in den jüngeren Zeiten ihre Gesinnung an den Tag legten. – Theilweise selbst durch Militär-executionen zur Ordnung gewiesen werden musste.
Stell in Ehrfurcht
Und unterstellt die Entscheidung einem höheren und weiserem Ermessen können diese Besorgnisse und Bedenken entfernt werden, so dass sich folgende Compagnien teilen lassen können, von denen jede ein Stärke von 100 Mann haben würde.
I. Compagnie Garmisch
mit den Ortschaften
Garmisch zu 70 Mann
Obergrainau zu 15 Mann
Untergrainau zu 15 Mann
II. Compagnie Partenkirchen
bestehend aus
Partenkirchen zu 64 Mann
Farchant zu 10 Mann
Wamberg zu 6 Mann
Oberau zu 10 Mann
III. Compagnie Mittenwald
bestehend aus
Mittenwald zu 80 Mann
Krün zu 10 Mann
Wallgau zu 10 Mann
IV. Compagnie Oberammergau
bestehend aus
Oberammergau zu 60 Mann
Unterammergau zu 30 Mann
Ettal 10 Mann
V. Compagnie Eschenlohe
bestehend aus
Eschenlohe zu 50 Mann
Schwaigen zu 14 Mann
Ohlstadt zu 36 Mann
Welche als in den Vorbergen und Gebirgsthälern wohnhaft, sämtliche aus Gebirgsschützen zu bestehen hätten
In Mittenwald, Partenkirchen und Garmisch bestehen bereits Schießstätten, welche de treffenden Compagnien zum Scheibenschießen gegen eine Entschädigung von 12 Fl. (Gulden) jährlich von den Privatschützen-Gesellschaften zu Benützung überlassen sind.
Neu zu errichten wären insg. Nur Schießstätten in
Oberammergau und Eschenlohe mit einem Aufwand von je 500 Fl.
Die Entlegenheit der Orte von einander und von obigen Compagnie-Sitzen würde die Errichtung eigener Schießstätten für unumgänglich machen.
Von den Wirthen, welche dadurch allerdings den meisten Vortheil haben würden und ihre Beiträge hierzu zu hoffen oder doch nur so unbedeutend dass sie kaum in Anschlag gebracht werden können.
In höchster Ehrfurcht verharrend
Einer
Hohen b. b. Regierung
Es war am 4. Oktober 1835 als sich die Gebirgsschützenkompanien des Werdenfelser Landes am Oktoberfestzug in München beteiligten. Sie erregten das Wohlgefallen König Ludwig I. und er drückte den Wunsch aus, „dass alles aufgeboten werde, diese wichtige Institution im bayerischen Hochland zu erhalten“
1836 erließ König Ludwig I eine Gebirgsschützenordnung für Garmisch, Partenkirchen und
Mittenwald niedergelegt im „Act des Markts-Magistrats Garmisch“
Bilder oben: „Das Institut der Gebirgsschützen betr.“
Es folgt eine 10 Paragrafen umfassende Gebirgsschützen Ordnung
Gebirgsschützenordnung von 1836 (Auszug)
Artikel 6. Bekleidung und Armatur
Die Kleidung des Gebirgsschützen besteht in der echt nationalen in den Jahren 1805, 1809 und 1813 üblichen Tracht der Bewohner der verschiedenen Gegenden des bayerischen Hochlandes, in folgenden Monturwünschen.
a) einem Hut mit niederem Gupf und breitem Rand, die Krempe aufgeschlagen und mit der bayerischen Kokarde und einem Hutschmuck, Spielhahnfeder, zu versehen.
b) Einer grauen Joppe mit grünem Kragen und Aufschlägen und er weiß und blauen Binde am linken Arm.
c) Schwarzes Halstuch, leicht umschlungen, grüne Hosenträger auf der Brust mit einem Querband, über einem roten Leibjäckel.
d) Schwarzlederne, grün ausgenähte Hose.
e) Weißwollene, grünverzierte Strümpfe-Kleinhöschen, welche vom Knöchel bis über die Waden gehen und das Knie, sowie den Vorderfuß nackt lässt, im Winter ganze Strümpfe.
f) Ganzgenagelte Bergschuhe
Bild links:
Werdenfelser Schütze um 1800 nach L. Neureuther
Erst im Jahr 1848 mit seiner revolutionären Bewegung befahl Herzog Maximilian in Bayern die Mobilisierung der Gebirgsschützenkompanien.
Wie die Gebirgsschützenkompanien mit dem Königshaus befreundet waren, zeigt ein Brief Herzog Maximilians aus dem Jahre 1848.
Bild links:
Herzog Max in Bayern
Aufruf
Bewohner des baierischen Hochgebirgs !
„Ihr habt, hochherzige Männer, in Eurer Aufforderung an mich einen längs gehegten Wunsch in mir verwirklicht, das sehnliche Verlangen, im Augenblick der Gefahr an Eurer Spitze zu stehen. So manche frohe Stunde habe ich in Eurer Mitte verlebt, nun will ich auch Stunden der Mühen und der Gefahr mit Euch teilen. Das gnädige Vertrauen unseres geliebten Königs hat mich zu Eurem Kommandanten ernannt. Ich werde trachten, mich dessen würdig zu machen und bemüht sein, mir Eure oft bewährte Zuneigung auch fernhin zu erhalten. Unser Losungswort bleibe:
„ König, Verfassung und Vaterland“
München, den 6. April 1848
Maximilian
Herzog in Bayern
Am 22. November 1854 erfolgte ein Schreiben „zur Notiz d. k. Landwehr Companie Comando“.
Vom
Landgericht Werdenfels Gesuch der Landwehrkompanien
Partenkirchen und Mittenwald
um die Bewilligung des Eintrittes
in die ruhende Aktivität betr.
Nachdem Seine Majestät der König die Landwehr-Companien Mittenwald und Partenkirchen aufzulösen geruht haben, haben Allerhöchst dieselben weiters verfügt, dass die Companie Garmisch als Beweis der Würdigung ihres besseren Zustandes fortzubestehen habe. Sollte sie auch noch dieses Fortbestehen als beschwert erachten, so sie es ihr unbenommen, auf dem Dienstwege die Auflösung nachzusuchen.
Am 20.November 1854 Landrichter
Am 2. Juli 1866 erging durch Prinz Adalbert, der das Kommando über die Landwehr erhielt, wieder der Aufruf an die Kompanien und am 4. August desselben Jahres wurde ein Bataillon mit 6 Kompanien unter Major Peter Burgmeier (Forstmeister) aus Partenkirchen aufgestellt:
1. Compagnie Partenkirchen führte der Hauptmann Jakob Schneider
2. Compagnie Mittenwald unter Führung von Hauptmann August Neuhäusler
3. Compagnie Krün und Wallgau unter Oberleutnant Karl Grießmaier
4. Compagnie Ober- und Unterammergau
5. Compagnie Eschenlohe und Oberau
6. Compagnie Garmisch unter Führung von Hauptmann Johann Babt. Sartori
Am 1. Januar 1870 wurde die Landwehr und somit auch die Gebirgsschützenkompanien in Bayern aufgelöst. Die Kompanie Garmisch wurde auf Antrag des Marktmagistrates wieder aufgestellt – und es ist keine offizielle Auflösung derselben erfolgt!
Freikorps Werdenfels
Jedoch die Bereitschaft in Notzeiten, die Heimat zu verteidigen war damit keineswegs erloschen. Man denke nur an jene mutigen Männer der Volkswehr, die 1919 am Lahnewiesbach (heute Ortsteil Burgrain) unter der Führung von Josef Dillis, das Eindringen einer Spartakistentruppe von ca. 70 Mann mit Automobilen und Maschinengewehren, nach einem heftigen Feuergefecht, bei dem es Tote und Verwundete gab, erfolgreich abwehren konnten. Ebenso das Freikorps Werdenfels mit ungefährer 300 Mann unter Hauptmann Völk, das in München dann bayerischen, württembergischen und preußischen Truppenteilen zu Hilfe kamen und damit dazu beitrugen die Spartakistenherrschaft endgültig zu brechen.
Was die Uniformierung beziehungsweise die Schützenmontur betrifft, sowie die alte Schützenfahne, so wurden diese weiterhin von der ,,Loisachtaler Schützengesellschaft“ bei festlichen Anlässen getragen, so dass diese Relikte niemals in Vergessenheit gerieten.
Bild links:
D’Loisachtaler Schützengesellschaft
(Vermutlich um 1888)
Bild unten:
D’Loisachtaler 1926
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